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Bedürfnisorientierte Elternschaft- Was ist das eigentlich?

  • Autorenbild: Anna Schuh
    Anna Schuh
  • 3. Okt.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 8. Okt.

Mädchen kuschelt mit Teddybär - Entwicklungsbegleitung Graz, Mammalia

Von außen wird „bedürfnisorientiert“ manchmal so verstanden:

Die Mama erfüllt jedes Bedürfnis des Kindes, stellt sich selbst zurück und vergisst die eigenen Grenzen.


Dabei ist es das Gegenteil: Bedürfnisorientierung meint alle Mitglieder der Familie – und ganz besonders dich als Mama.


In erster Linie geht es darum abzuwägen:


  • Was muss wirklich so sein?

  • Was darf ich flexibel anpassen?


Muss mein Kind zu Hause, beim Anziehen, eine Haube aufsetzen?

Muss es genau die Schuhe anziehen, die ich im Sinn habe?

Muss es am Tisch sitzen bleiben – und wenn ja, wie lange?

Muss es aufessen?


Wenn wir genau hinsehen merken wir, viele „Regeln“ sind eigentlich nur gesellschaftliche Erwartungen.



Autonomie. Ein Grundbedürfnis


Vielleicht dazu als Verständnis: Autonomie ist ein Grundbedürfnis. Kontrolle auch.


Als Menschen werden wir in allen Lebensbereichen von 4 psychischen Grundbedürfnissen gelenkt.


Autonomie

Bindung und Zugehörigkeit

Kontrolle

Unlustvermeidung/ Lustgewinnung

Selbstwerterhöhung


Hat man das verstanden erklärt sich eigentlich fast alles im Leben von selbst.


Das heißt, das Grundbedürfnis deines Kindes ist Autonomie. Nicht Trotz, nicht Ärgern wollen, nicht unerzogen sein.


Deswegen ist die Grundfrage immer „Wo kann ich meinen Kind diese Autonomie überlasen und wie weit?“



Kinder sind von Natur aus kooperativ


Manchmal klingt es so, als wären Kinder „gegen uns“ oder „unfolgsam“. Aber das stimmt nicht.

Kinder sind von Natur aus kooperativ.

Sie wollen dazugehören, Bindung spüren und in Beziehung bleiben. Das sichert schließlich ihr Überleben. Es liegt nicht in ihrer Natur sich gegen uns zu stellen und Verlust anzustreben.


Das Bedürfnis nach Autonomie und das Bedürfnis nach Bindung sind beide stark – und manchmal wirken beide gleichzeitig.

Darum erleben wir Widersprüche: „Ich will selber!“ und im nächsten Moment „Mama, hilf mir!“ - Das ist normal.

Es zeigt nur, dass dein Kind gesund entwickelt ist.



Gefühle ansprechen und benennen


Auch wenn du vorausschauend handelst: Manchmal knallt es trotzdem.

Dein Kind wirft sich auf den Boden, schreit, tobt.

Ein Zeichen dafür, dass dein Kind gerade von seinen Gefühlen überrollt wird.


In solchen Momenten hilft es nicht, zu argumentieren oder zu schimpfen. Im Gefühlssturm selbst ist Verhandlung und Logik nicht greifbar und Kindern fehlt da meistens ohnehin die nötige Einsicht.

Hilfreich ist: Gefühle ansprechen und benennen.


Zum Beispiel:


  • „Das ärgert dich gerade sehr, das seh ich.“

  • „Du findest das total blöd, dass wir jetzt gehen müssen.“

  • „Du würdest jetzt lieber noch bleiben.“


Damit signalisierst du: Ich sehe dich. Ich nehme deine Gefühle ernst.

Du bist hier der Leuchtturm und Anker, an dem sich dein Kind orientieren kann.


Deine Aufgabe ist nicht, die Wut „wegzumachen“, sondern sie mit deinem Kind auszuhalten.

Oft reicht schon dein ruhiges Dabeisein. Dein Kind spürt: „Ich darf fühlen, auch wenn es schwer ist – und Mama hält es mit mir aus.“


Das ist die Basis für emotionale Sicherheit und für die Fähigkeit deines Kindes, später selbst Gefühle benennen und regulieren zu können.



Brauchen wir trotzdem Regeln?


Regeln sind kein starres Konstrukt. Sie sind Orientierung, und sie dürfen flexibel sein.


  • Du willst, dass dein Kind die Jacke anzieht? → Zieh sie ihm vor der Tür an, oder drei Minuten später.

  • Du willst, dass dein Kind vom Spielplatz nach Hause kommt? → Sag ihm konkret, dass es noch fünf Minuten Zeit hat – und dass auch du nach Hause möchtest.

  • Du willst, dass es beim Essen am Tisch bleibt? → Frag dich, ob das gerade wirklich notwendig ist und ob es überhaupt Hunger hat.


-> Regel Nummer 1: Setze niemals deinen Willen nach „Es soll so laufen, wie ich es will“ über das echte Bedürfnis deines Kindes.



Gefahr in Verzug


Ja klar, es gibt Situationen in denen Diskussion keine Option ist.

Straßenverkehr, Küche, Wasser, gesundheitsgefährdende Situationen.

Hier greifst du klar ein, ohne Ausnahmen.


Du übernimmst Verantwortung wo es um Sicherheit und Leben geht.



Am Ende geht es um Bindung


Bedürfnisorientierte Erziehung bedeutet:

Mein Kind darf erleben, dass seine Gefühle zählen.

Es darf ausprobieren, ohne sofort bewertet zu werden.

Es darf Fehler machen, ohne beschämt zu werden.


Und ich darf erleben, dass ich nicht ständig kämpfen muss.

Dass Ruhe manchmal wichtiger ist als „Recht haben“.

Dass ich mein Kind so begleiten kann, wie ich selbst gern begleitet worden wäre.


Bedürfnisorientiert ist kein starres Konzept.

Es ist eine Haltung:

„Ich sehe dich, ich nehme dich ernst, ich übernehme Verantwortung.“


Und genau so möchten wir doch alle behandelt werden – ob groß oder klein.



Ja, manchmal schaffen wir es trotz aller guten Vorsätze nicht so zu reagieren, wie wir es eigentlich möchten.

Manchmal ist unser Ton zu laut oder unsere Wortwahl ungünstig.

Manchmal hören wir uns an wie unsere eigenen Eltern – obwohl wir das nie wollten.


Weißt du was? Das ist okay.

Wir sind nicht perfekt. Wir sind Mamas. Wir sind oft übermüdet, erschöpft und manchmal schlicht überfordert.


Wir machen vielleicht nicht 100 % richtig – aber 80 % reichen völlig aus.

Denn was Kinder brauchen, ist keine perfekte Mama. Sie brauchen eine echte Mama.



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